Nichts hält länger als ein Provisorium...
Umhüllen eines Hornissennestes mit Vorhang
Dieses Hornissennest durfte letztendlich bis zum Winter in der Hüttenkirche von Mörfelden-Walldorf bleiben. Dort am Waldrand neben Streuobstwiesen wird im Sommerhalbjahr monatlich Gottesdienst gefeiert. Mitte Juli entstand über einem Fenster ein typisches Filialnest eines Hornissenvolkes. Binnen weniger Tage bauten mehr als 100 Arbeiterinnen 3 Etagen und die Königin bestiftete die Zellen eifrig. Zum Zeitpunkt der Entdeckung waren erst wenige Larven geschlüpft. Da das Ursprungsnest nicht gefunden werden konnte kam eine Umsiedlung nicht in Frage. Zumal in der Nähe des Einflugloches kein Ersatz-Kasten hätte angebracht werden können, um nach gut sechs Wochen des Hornissen-Filial-Umzugs vom Ursprungsnest zur Kirche das ganze Volk umsiedeln zu können.
Brigitte Martin vom BUND überzeugte somit die Kirchengemeinde, dass das Nest zumindest den nächsten Monat (bis zu einer Umsiedlung, wenn sie denn dann noch nötig wäre) dort bleiben durfte und bot sogleich an, während und nach dem sonntäglichen Gottesdienst Informationen zu Wespen und Hornissen zu geben, damit die Angst genommen wird.
Damit der Heizkörper unter dem Hornissennest keinen Schaden nahm, wurde zunächst mit Bindedraht eine Schmutzauffangwanne (ein Katzenklo, ausgelegt mit alten Zeitungen und/oder Katzenstreu eignet sich bestens dafür) für die Ausscheidungen und Abfälle der Hornissen und -larven über Kopfhöhe unter dem Nest befestigt. Danach an der Holzbalkendecke ebenfalls mit Schraubhaken und Draht eine Hülle aus einem Tüllvorhang mit Abstand um das Nest gelegt, so dass die Tiere ungestört durch ihr Einflugloch in einer Gebälkspalte / Ritze der Hüttenkirche zum Nest krabbeln konnten, aber nicht mehr unkontrolliert durch die sonntäglich geöffnete Tür in den Raum hinein an- oder abfliegen konnten. Mit Papiertüchern wurde dann noch die letzten verblieben Ritzen zwischen Holzdecke und Vorhang verstopft, um bei etwaigem Einschalten von Licht die Tiere nicht so zu verunsichern, dass sie in den Raum hinein fliegen wollen, in dem die Gemeindemitglieder gerade ihren Gottesdienst feiern.
Fachkundige, angstnehmende Informationen und auch die Tatsache, dass die Hornissen lästige "Wespenplagen" zur auffälligen Überraschung der Gottesdienstbesucher gar nicht aufkommen haben lassen, überzeugten, dass das umhüllte Nest bis nach dem Abschluss der Volksentwicklung hat bleiben dürfen.
Die Tiere hatten keinen Grund, den ganz normalen Tüll-Vorhangstoff durchzubeißen, da sie innerhalb der Hüttenkirche nur an ihr Nest und wieder weg gelangen wollten und ihr Kirchen-Eingang bis zum Nest ebenfalls mit dem Stoff umhüllt war. Das preisgünstige Provisorium aus Stoff anstatt ein angepasster Käfig aus Fliegendraht drumrum hielt den ganzen Sommer über, im Winter wurden dann die provisorischen Materialien und das Nest entfernt. Im Schmutzbehälter unter dem verlassenen Nest hatten sich schon Florfliegen und Marienkäfer ihr Winterquartier eingerichet (selbstverständlich wurde die dann auch vorsichtig umgebettet). Lohnend ist es, die darin noch befindlichen Puppen zu untersuchen, die nicht nur auf gewöhnliche Fliegen sondern auch auf andere (seltenere) Insekten hindeuten.
Nachsatz: Selbstverständlich wurde diese Nestsicherung mit Schutzausrüstung durchgeführt! Im Zweifelsfall ist es auch immer sinnvoll, die zuständige Naturschutzbehörde zur Unterstützung derartiger Maßnahmen in der Öffentlichkeit zu infomieren. Da nichts am Nest durchgeführt wurde, was anzeigepflichtig ist (Störung, Umsiedlung..) , wäre das normalerweise nicht notwendig gewesen. Aber auch die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Behörden freuen sich darüber, wenn Nester von Hornissen an Ort und Stelle bleiben dürfen!